
Grundbegriffe der Sensoanalyse
Sprache
Um Aussagen für sich selbst und andere verständlich und somit nachvollziehbar zu machen, bedarf es einer klar definierten Terminologie, um objektive, reproduzierbare und wiedererkennbare Aussagen zu treffen. Erstaunlicherweise herrscht bis heute, selbst in der Fachliteratur, ein erstaunlicher Wirrwarr bei der Verwendung von Begriffen und deren Definition. So trägt selbst Jancis Robinson in ihrem Standardwerk The Oxford Companion to Wine zur Verwirrung bei, indem sie schreibt: „In this book the word flavour is used interchangeably with aroma”.
S. 273/Flavour Third Edition 2006
Winehead hat sich deshalb entschieden, Begriffe eindeutig zu definieren, denn bei der sensorischen Analyse von Lebensmitteln handelt es sich um einen hochkomplexen Vorgang, der alle menschlichen Sinne in einem sehr kurzen Zeitraum anspricht. Bei der alltäglichen Nahrungsaufnahme vergehen zwischen nasalem Riechen, Schmecken und Fühlen nur wenige Sekunden. Befindet sich die Speise einmal im Mund, läuft der Empfindungsprozess für Schmecken, Fühlen und retronasalen Riechen in Sekundenbruchteilen ab.
Aromen: Diesen Begriff verwenden wir ausschließlich, um jene flüchtigen Stoffe, die durch die Riechschleimhaut des Menschen, sowohl durch die Nase (orthonasal/direkt) oder über den Rachenkanal (retronasal/indirekt) aufgenommen werden, zu beschreiben.
Geschmack ist nicht identisch mit Schmecken!
Schmecken: Als Schmecken bezeichnen wir den chemischen Prozess, der die im Speichel gelösten Inhaltsstoffe für die Sinneszellen bereitstellt. Schmecken beruht somit ausschließlich auf der Funktion der Zunge: schmeckbare süße, saure, bittere, salzige und umami Stoffe in Empfindungen umzuwandeln, die dann trigeminal durch elektrische Reize an das Gehirn mandibular und maxillar weitergeleitet werden. Dort erfolgt die Zuordnung der Reize durch das Gehirn (Wahrnehmung).
Als Geschmack bezeichnet Winehead den sensorischen Gesamteindruck, der sich aus auditiven, visuellen, olfaktorischen, geschmeckten und gefühlten Wahrnehmungen zusammensetzt. Geschmack bedeutet demnach Erkennen, Beschreiben, Zuordnen und im Gedächtnis Speichern von Lebensmittelattributen. Die auditiven Attribute kann man bei Wein vernachlässigen. Bei Kartoffelchips sähe es anders aus.
Geschmack wird im deutschsprachigen Raum bei Lebensmitteln mit doppelter Bedeutung (Schmecken + sensorische Gesamtbewertung) verwendet. Dies führt zu Konfusion und zu Verwechslung mit Schmecken.
Fühlen (Haptik): physikalischer Reiz, drückt aus, wie sich ein Lebensmittel im Mundraum (Lippen, Zahnfleisch, Backen, Gaumen, Rachen, Kehle und Zunge) anfühlt. Es gibt vier verschiedene hochsensible mechanische Rezeptortypen (Festigkeit, Temperatur + Schmerz, Bewegung und Position), die Teilchen von einer Größe von 20-25 Micra unterscheiden können. Dadurch wird die Reizempfindung von Adstringenz (hervorgerufen durch Phenole), Fülle, Gewicht, Größe, Oberflächentextur, Schärfe, Schmerz, Temperatur (Vasodilatation, z.B. durch Alkohol), Viskosität und Volumen möglich.